Choleriker

Hallo zusammen!

 

Schon im Kleinkind-Alter konnte ich Stimmungen und Gefühle bei den Menschen in meinem Umfeld intensiver spüren als dies andere Menschen können. Ich liess mir sagen, ich sei ein "Heul-Kind" gewesen, dass oft geweint hat. Die wurde mir allerdings erst in den letzten Jahren bewusst. Ich dachte immer, meine Empfindungen seien normal. Ich hatte ja keine Vergleichsmöglichkeit.

 

Ich mochte es nie, wenn Menschen in meiner Anwesenheit gestritten haben,  wenn jemand laut wurde, wenn Unstimmigkeiten herrschte, ich war immer sehr harmoniebedürftig. Ich spürte auch immer, wenn jemand schlechte Laune hatte. Oft rührte es mich zu Tränen, wenn herumgeschrien wurde, auch wenn es mich gar nicht selber betraf. Ich konnte das alles aber nie wirklich einordnen und wusste nicht, wie ich damit umgehen sollte.

 

Ich geriet und gerate auch heute ab und zu in Situationen, wo sogenannte "Choleriker" (Menschen, die dazu tendieren, herumzubrüllen und meist wütend zu sein) mir Dinge vorwerfen, die überhaupt nicht stimmen. Da werden Gründe einfach so erfunden, obwohl es für beide Seiten total klar ist, dass diese Argumente schlicht an den Haaren herbeigezogen sind und überhaupt nicht stimmen können. 

 

Früher hat es mich immer sehr betroffen gemacht, mir sind oft auch die Tränen gekommen, weil ich kein Selbstwertgefühl hatte und dann die mir vorgeworfenen Dinge selber glaubte. Ich dachte, ich hätte Fehler gemacht, versagt, meine Leistung nicht gebracht. Ich dachte, ich sei ein schlechter Mensch. Egoistisch, zu blöd für alles etc. etc. Auch heute noch kann es vorkommen, dass es mich sehr traurig macht, wenn mir  jemand zu Unrecht Vorwürfe macht.  

 

In den letzten Jahren habe ich mich intensiv mit mir selber beschäftigt und auch diese Gefühle etwas mehr unter die Lupe genommen, meine Wahrnehmungen  etwas mehr geschärft. Dabei ist mir immer klarer geworden, dass Menschen, die laut werden, auf andere losgehen (oft sogar ohne ersichtlichen Grund) eigentlich ein Problem mit sich selbst haben.

 

Heute kann ich die Wut bei solchen Menschen richtiggehend sehen. Mir zeigt sich immer eine Art "roter Klumpen" im Bauch dieser Leute. Nicht umsonst sagt man vermutlich auch: "Ich habe eine Riesen-Wut im Bauch". Es gibt Menschen, bei denen sich dieser Klumpen auch nach einem Wutausbruch nicht auflöst. Er ist immer da, weil die Personen nicht erkennen, dass da ein tiefgehendes Problem in ihnen vorhanden ist. Vielleicht sind sie unzufrieden mit ihrem Leben, meist sind sie schlicht und einfach extrem wütend auf sich selbst. Sie haben ihre Ziele vielleicht nicht erreicht, fühlen sich unter Druck gesetzt und haben das Gefühl, versagt zu haben. Oder dieser Klumpen war schon von frühester Kindheit an da und ist immer mehr gewachsen. Das kann viele Gründe haben. 

 

Wichtig wäre für diese Menschen zu erkennen, dass SIE ein Problem haben, dass sie angehen sollten. Sie machen mit ihrem Verhalten ihr Umfeld für das schlechte Gefühl in ihnen verantwortlich, dass eigentlich sie selber verursachen. Es bringt nichts, Unschuldige zu verurteilen, sie anzuschreien und ihnen ungerechtfertigte Vorwürfe zu machen. Das Problem liegt in ihnen selbst. Meist sind sie jedoch sehr verbohrt, spielen sich selbst vor, sehr selbstbewusst zu sein und keine Fehler zu machen. In stillen Stunden aber zweifeln auch diese Menschen vielleicht doch auch einmal an sich selber und überlegen sie, ob nicht doch SIE das Problem sein könnten.

 

Ich wünsche jedem dieser Choleriker, dass er das erkennt und offen genug ist, sich helfen zu lassen, diesen Klumpen aufzulösen. Seinem Umfeld zuliebe, aber vor allem auch um seinetwillen. Es ist ein herrliches Gefühl, in sich selbst zu ruhen.

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